In Soest wird demnächst mit Eisspeicher geheizt
Im Soester Norden entsteht eines der modernsten handwerklichen Bildungszentren in Deutschland. Bis Sommer 2028 sollen die Werkstätten für die rund 7.000 Azubis und Gesellen im Handwerk auf dem aktuellen Stand der Technik sein. Echten Innovationscharakter hat die Eisspeicheranlage am westlichen Ende des Geländes.
Der Neubau des Bildungszentrums der Kreishandwerkerschaft hat Vorbildcharakter. „Wir bauen die Zukunft der Handwerksausbildung in der Hellweg-Lippe-Region!“, ist Hauptgeschäftsführer Detlef Schönberger von der Strahlkraft dieses Leuchtturmprojektes überzeugt. Insgesamt beträgt das Investitionsvolumen fast 62 Mio. Euro, wovon 28 Mio. Euro aus Fördertöpfen des Bundes und weitere 12 Mio. Euro vom Land NRW beigesteuert werden. Der Förderbescheid wurde Anfang 2023 von NRW-Minister Karl-Josef Laumann höchstpersönlich übergeben. Seit September 2023 sind die Bagger im Einsatz: Nacheinander werden die vier bestehenden Hallen teilweise abgerissen und durch moderne Neubauten ersetzt. Der Schulungsbetrieb in den Werkstätten und Klassenräumen läuft derweil weiter.
Das Energiekonzept setzt neue Maßstäbe
Begonnen hat die Modernisierung mit der Entkernung der vierten Halle. Neben der Modernisierung der „Halle 4“ entsteht zur gleichen Zeit bis Ende 2024 der Neubau der künftigen Energiezentrale des Bildungszentrums mit der Errichtung einer „Eisspeicheranlage“. Hinter der Eisspeicherheizung steckt ein nachhaltiges Energiekonzept mit hoher Energieeffizienz. Das Heizen mit Eis funktioniert, auch wenn sich Heizwärme und Eiskälte zunächst zu widersprechen scheinen.
Der Projektverantwortliche Klaus Brock erklärt das neue System der Eisspeicherheizung so: „Die Technik beruht auf dem Prinzip der Umwandlung von Wasser in Eis. Dem Wasser wird so lange Wärme entzogen, bis es zu Eis gefriert. Unter Nutzung dieser Wärme und Anschluss an drei leistungsstarke Wärmepumpen werden die Werkstätten im Winter geheizt. In den Sommermonaten wird das Eis zur passiven Kühlung der Werkstätten genutzt und das Eis wieder zum Schmelzen gebracht. So kann das Wasser wieder für die nächste Heizperiode genutzt werden. Zudem sorgt die Solaranlage auf den Dächern dafür, dass das Wasser in einem sehr kalten Winter nachgeheizt und in einem heißen Sommer nachvereist wird.“
Mithilfe der Eisspeichertechnik werden die Energiemengen im Sommer wie im Winter optimal genutzt. Der saisonal funktionierende Eisspeicher sichert im Winter eine klimaschonende Wärmeerzeugung und ermöglicht im Sommer eine passive Kühlung der Hallen. Hinzu kommt ein extensives Gründach, das die Aufheizung der großen Dachflächen vermindert und in Kombination mit zwei Regenwasser- Versickerungsflächen ein aktives Wassermanagement ermöglicht. Als gewinnbringender Nebeneffekt soll die innovative Anlagentechnik in das Ausbildungskonzept verschiedener Berufsgruppen integriert werden, um den Handwerkernachwuchs von morgen optimal mit den Zukunftstechnologien vertraut zu machen.
Die rund 7.000 Handwerkskräfte, die jährlich im Bildungszentrum ausgebildet werden, können sich künftig auf eine motivierende Lernatmosphäre freuen. „Die neuen Gebäude werden ab Sommer 2028 mit viel Licht, Luft, guter Akustik und optimalen Raumzuschnitten ausgestattet sein“, verspricht der Projektverantwortliche Klaus Brock von der Kreishandwerkerschaft und ergänzt: „Ein bepflanzter Innenhof, die neu konzipierte Pausenhalle sowie die zukünftige ‚Meister-Lounge‘ werden die Aufenthaltsqualität in besonderer Weise steigern.“
Zur Finanzierung des Projektes hat die Volksbank Hellweg mit einem Förderkredit beigetragen. Finanzierungsspezialist Tobias Plewka hat aus der Vielzahl der öffentlichen Fördermöglichkeiten eine individuell auf den Kunden zugeschnittene Lösung entwickelt.
Wer sich einen Eindruck vom aktuellen Status verschaffen will:
Auf der Internetseite www.kh-hl.de/hier-entsteht-die-zukunft-des-handwerks dokumentieren Webcams alle 15 Minuten den aktuellen Baufortschritt.
Wie funktioniert eine Eisheizung?
Vorsicht, jetzt wird es etwas technisch. Eine Eisheizung besteht aus vier Elementen: dem Eisspeicher, einer Wärmepumpe, einer Solaranlage und einem Steuerelement. Kernstück der Heizungsanlage ist der Eisspeicher. Dabei handelt es sich um einen Wassertank, der in Beton gegossen und im Erdreich versenkt wird. In diesem unterirdischen Eisspeicher wird Wasser kontinuierlich gefroren und wieder aufgetaut. Das funktioniert so: Die über die Solaranlage aufgenommene Wärme und die natürliche Erdwärme um den Eisspeicher herum tauen das Eis auf. Dadurch wird Energie frei.
Diese Energie kann als Heizwärme oder zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Über die Wärmepumpe wird dem Wasser im Eisspeicher die Wärme wieder entzogen, sodass es erneut gefriert, und der Heizkreislauf beginnt von vorn. Zusätzlich lässt sich auch die überschüssige Wärme aus der Solaranlage zum Heizen nutzen. Das Steuerelement ist für das Energiemanagement zuständig und regelt, wann dem Eisspeicher oder dem Gebäude Wärme zugeführt wird. Durch die Nutzung der regenerativen Energien ist das Heizen mit Eis eine besonders effiziente und umweltfreundliche Alternative zu Öl, Gas oder Kohle.